2014 habe ich anlässlich des Gedenkens „100 Jahre Erster Weltkrieg" im Rahmen der Ausstellung bildweltkrieg im Stadtmuseum Neuötting die Hörstation STIMMEN AUS DER VERGANGENHEIT - STIMMEN AUS DEM 1. WELTKRIEG konzipiert, gestaltet und gesprochen. Diese war in eine vielseitige Ausstellung mit eingebunden, die neben einem ausführlichen historischen Teil auch von der Medieninstallation meines Bruders Martin Pflanzer und einem interaktiven Online-Projekt bereichert wurde.
Die Audiostation lädt ein sich zu erinnern.
Den Schwerpunkt der Hörstation bilden Künstlerstimmen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges: z. B. die des Malers Franz Marc, seines Freundes August Macke oder der Künstlerin Käthe Kollwitz, aber auch die Zeugnisse eines Soldaten und einer damaligen Mutter und Hausfrau kommen zu Wort.
Diese Stimmen aus der Vergangenheit werden so wieder lebendig - hundert Jahre nachdem sie verstummten, vergessen wurden oder vielleicht sogar ungehört blieben.
Die Hörstation lädt ein zum Innehalten und Nachdenken. Was sagen uns heute diese Zeitzeugnisse?
So unterschiedlich die ausgewählten Autoren auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam: Sie erlebten alle den Ersten Weltkrieg und setzten sich, jeder auf seine Weise, damit auseinander. Ihre Tagebucheinträge, Ihre Briefe und autobiografischen Aufzeichnungen zeigen uns wie wertvoll und gleichzeitig zerbrechlich der Frieden ist.
bildweltkrieg
in der Galerie im Stadtmuseum Neuötting, 24. Mai bis 3. August 2014
mit der Audistation
STIMMEN AUS DER VERGANGENHEIT - STIMMEN AUS DEM 1. WELTKRIEG
Idee, Konzept und Realisierung: Leonore Maria Pflanzer
Franz Marc (* 1880 - † 1916)
strebt als Maler und Begründer der Künstlergruppe Blauer Reiter danach, dem reinen Gefühl und der Wahrheit in der Kunst Ausdruck und Raum zu verleihen.
Im August 1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger und wird an die französische Front verlegt. Am 4.März 1916 fällt Franz Marc in der Nähe von Verdun, wo ihn bei einem Erkundungsritt zwei Granatsplitter treffen. Aus seinen zahlreichen Briefen - an Freunde sowie die Ehefrau Maria – spricht stets sein suchender und liebender Geist.
Franz Marc – Brief an seine Frau 12.9.1914 (Auschnitt)
Franz Marc – Nachruf auf August Macke 25.10.1914 (Auschnitt)
Franz Marc – Brief an seine Frau 12.4.1915 (Auschnitt)
Franz Marc – Brief an seine Frau 21.7.1915 (Auschnitt)
Franz Marc – Brief an seine Frau 2.12.1915 (Auschnitt)
Franz Marc – kurz vor dem Tod 4.4.1916
August Macke (* 1887 - † 1914)
gehört vor dem Ersten Weltkrieg zum Kreis des >Blauen Reiters<. Er ist eng mit Franz Marc befreundet und beteiligt sich rege an Ausstellungen und Veröffentlichungen der Münchner Künstlervereinigung. Die charakteristische, expressive und leuchtende Farbigkeit seiner Gemälde zeichnen ihn besonders aus.
Mit Ausbruch des Krieges wird August Macke eingezogen und kurz danach als Vizefeldwebel an die Westfront verlegt, wo er Ende September 1914 im Alter von erst 27 Jahren bei Perthes-les-Hurlus fällt. Selbst in den Briefen an seine Frau Lisbeth, die er „liebes Kind“ nennt, lässt er das Unaussprechliche des Kriegsgrauens nur zwischen den Zeilen erahnen…
August Macke – Brief an seine Frau 17.8.1914 (Auschnitt)
August Macke – Brief an seine Frau 9.9.1914 (Auschnitt)
August Macke – Brief an seine Frau 11.9.1914(Auschnitt)
Käthe Kollwitz (* 1867 - † 1945)
gilt als eine der bedeutende deutsche Grafikerin, Zeichnerin sowie Bildhauerin. Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges fällt ihr erst 18 jähriger Sohn Peter. Der schmerzhafte Verlust begleitet die Künstlerin Zeit ihres Lebens, auch in ihrer Kunst. In der folgenden Aufnahme hören Sie einen Brief, den Käthe Kollwitz am 4.Dezember 1914, erst sechs Wochen nach dem Tod ihres Sohnes, an einen Freund der Familie Max Lehrs schreibt.
Käthe Kollwitz – Brief an Max Lehrs 4.12.1914
Paul Klee (* 1879 - † 1940)
gehört in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zum Künstlerkreis des >Blauen Reiters<. Er nimmt an der zweiten Ausstellung der Münchner Künstlervereinigung teil und reist noch 1914 mit August Macke nach Tunesien. 1916 einberufen, überlebt Paul Klee den Ersten Weltkrieg. Seine Tagebuch-Eintragungen geben Zeugnis ab über die Gedanken und Gefühle des Künstlers während dem Krieg. Die Abstraktion – die bereits in der folgenden Niederschrift des Künstlers als roter Faden erkennbar wird – sollte auch nach dem Krieg die bedeutendsten künstlerischen Bewegungen prägen.
Paul Klee – Tagebucheintragung nr. 951, 952, 1915
Marc Chagall (* 1887 † 1985)
sucht als Maler, Zeichner und Dichter „einen psychischen Formalismus“
Während dem Ersten Weltkrieg lebt er zunächst in St. Petersburg. Nach der Oktoberrevolution kehrt er in seine Heimatstadt zurück, wo er zum Direktor der Akademie der Schönen Künste ernannt wird. Dort ist der Alltag von existenziellen Nöten und Zweifeln, von Enttäuschungen sowie von dem Verlust vieler Freunde und Familienangehöriger schmerzhaft bestimmt…
Marc Chagall – Mein Leben, Die Kunstschule in Witebsk
Marc Chagall – Mein Leben, Das Gedächtnis einer toten Stadt
Anna-Maria Haas (* 1863 † 1947)
ist zu Beginn des Ersten Weltkrieges Mutter von 15 Kindern und lebt in Blumenthal bei Hellenthal (Eifel). Ihre sorgenvollen, jedoch auch tapferen und sehr detaillierten Tagebucheinträge ermöglichen einen bewegenden Einblick in den Kriegsalltag der Ehefrau und Mutter…
Anna-Maria Haas –Kriegstagebuch, Eintrag vom 4.8.1914 (Auschnitt)
Anna-Maria Haas – Kriegstagebuch, Eintrag vom 6.8.1914 (Auschnitt)
Anna-Maria Haas – Kriegstagebuch, Eintrag vom 25.12.1914
Franz-Xaver Buchner (* 1894 † 1917)
wird am 8. 12.1914 als Soldat eingezogen, zunächst in die Vogesen geschickt, nach schwerer Verwundung (bei Münster), erleidet er ein 1 ¾ jähriges Martyrium mit zahlreichen Operationen und kommt zum Ersatzbataillon nach Bayreuth, bevor er am 31.6.1917 nach Hause entlassen wird, nach Willing bei Göttersdorf. Die Fotografie sowie der folgende Tagebucheintrag stammen aus seiner Lazarettzeit in München.
Franz-Xaver Buchner – Erinnerungen, Weihnachten 1915 (Auschnitt)